Start-Ups in der Nahrungsmittelindustrie – Nahrungsmittel-Broker und die Bedeutung des International Featured Standards Food Broker (IFS Food Broker)
Krisen und Volatilität schütteln naturgemäß die vorherrschende Gemengelage bestehender Akteure durcheinander und ermöglichen auch in konservativen und vermeintlich hermetisch geschlossenen Branchen hin und wieder große Chancen für junge dynamische Akteure. Einer dieser Sektoren ist der Lebensmittelmarkt und im Besonderen der Handel mit Lebensmittelrohstoffen und Grundnahrungsmitteln. Die derzeitige geopolitische Situation führt bekanntermaßen auch zu massiven Liefer- und Produktionsengpässen im Nahrungsmittelsektor und vormals gut funktionierende und etablierte Lieferketten sind abgerissen oder erfüllen ihr Soll nicht mehr in gewohnter Weise. Diese Lücken versuchen neue Marktteilnehmer zu füllen und so haben einige StartUps vor allem im Lebensmittelhandel binnen kürzester Zeit nicht nur einen Fuß in die Tür bekommen, sondern konnten sich in den Lieferketten der ganz großen Player etablieren.
In dieser Branche gibt es jedoch nicht nur wirtschaftliche Hürden zu nehmen, sondern sind auch eine Fülle an rechtlichen Herausforderungen, insbesondere mit Blick auf Compliance- Vorschriften und Qualitätsstandards, zu lösen. Besondere Bedeutung kommt dabei der Implementierung unternehmensinterner struktureller Prozesse des Qualitätsmanagements am Maßstab des einhelligen Industriestandards, IFS Food Broker, zu:
Der IFS Food Broker ist ein von der GFSI (Global Food Safety Initiative) begründeter und wahrscheinlich der am weitesten verbreitete Food Standard in der DACH-Region. Seine Ursprünge liegen im deutschen Einzelhandel, nicht zuletzt aufgrund des Handels mit Eigenmarken durch große Retailer. Vom Erzeuger über den Logistiker bis hin zum Broker ist dieser Qualitätsstandard bei jedem an der Lieferkette beteiligten Akteur mittels IFS Food Audit zu zertifizieren, um Produktsicherheit und -qualität zu gewährleisten und das Vertrauen der Geschäftspartner zu stärken.
Als produktbezogener Qualitätsstandard kann der IFS Food Broker komplementär in bestehende unternehmensinterne Qualitäts- und Compliance-Prozesse integriert werden. Der IFS Food Audit selbst wird durch approbierte unabhängige Stellen durchgeführt. Demzufolge müssen sich auch Startups des Lebensmittelsektors frühzeitig mit diesem Audit befassen und den ersten Audit-Case, zB die Durchführung einer Lebensmittellieferung als Broker, entsprechend sorgfältig planen und durchführen. IFS Food Zertifikate sind dabei jährlich zu erneuern.
Folgende Themen stehen dabei im Fokus:
Verantwortung der Unternehmensleitung
Dokumentierte Unternehmenspolitik und -ziele
Organigramm, Verantwortlichkeiten und Stellenbeschreibungen
Managementreview (dh eine Prüfung der qualitäts- und lebensmittelsicherheitsrelevanten Informationen)
Qualitäts- und Produktsicherheits-Managementsystem
Risikoanalyse zu allfälligen Gefahren für den Endkonsumenten (HACCP-Analyse)
Diverse Gefahrenanalysen zu weiteren spezifischen Themen
Ressourcen-Management
Ausreichende Personalressourcen
Schulung von Mitarbeitern
Planungs- und Serviceprozesse
Beschreibung der operativen Prozesse (zB Einkauf, Verkauf)
Rückverfolgbarkeit
Food Fraud
Messungen, Analyse und Verbesserungen
Systemmessungen (internes Audit)
Prozessmessungen (anhand von Zielen und Kennzahlen)
Produktmessungen (begleitende Produktanalysen)
Umgang mit Reklamationen und Beanstandungen, Korrekturmaßnahmen
Produktschutz
Maßnahmen, um bewusste Manipulation der Produkte zu vermeiden
Was sonst noch in Zusammenhang mit IFS Food Audits, der Zertifizierung und insbesondere dem erforderlichen Zeitrahmen wichtig ist, erfahren Sie in den nächsten Beiträgen.
VALFORD Rechtsanwälte kann sie im Übrigen bestens durch diese Prozesse begleiten und steht auch als Sparringspartner zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns, wir sind gerne für Sie da.
Wien, 3. November 2022
Alexander Mazevski
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